Straßen in Geltow, die nach bekannten Persönlichheiten benannt wurden
Eine neue Straße hinter dem Fontanering wurde nach Lieselotte Herrmann , weitere Straßen im Schäfereifeld wurden nach Tonio Bödiker, Rudolf Oehlschläger, August Scheffler und Daniel Schönemann benannt.
Damit ist die damalige Gemeindevertretung Geltow in ihrem Beschluss vom März 1995zur Benennung neuer Straßen der Empfehlung des Heimatvereins Geltow gefolgt, dass die Namen für neue Wege und Straßen in Geltow nach den Grundsätzen ausgewählt werden, erstens mit ihnen die Originalität und die Geschichte von Geltow hervorzuheben und zweitens vorwiegend nur in Geltow zu findende und nur hier eine einmalige Sinnhaftigkeit besitzende Wege- und Straßennamen auszusuchen. Nachfolgend werden die Persönlichkeiten in Kurzbiografien vorgestellt.
Lieselotte Herrmann (1909 – 1981)
Lieselotte Herrmann hat die Geltower Heimatforschung begründet und mit der Einrichtung der Heimatstube Baumgartenbrück das erste Heimatmuseum unseres Ortes geschaffen, das sehr wertvolle kulturhistorische Zeugnisse enthält. In einem aktuellen Beitrag in „potsdamlife“ (Winter 2016), ein Kultur & Gesellschaftsmagazin, über die Malerin Margarete Martus, deren Nachlass in der Heimatstube Baumgartenbrück aufbewahrt wird, wird Liselotte Herrmann als passionierte Regionalhistorikerin für den Ort Geltow bezeichnet.
Lieselotte Herrmann wurde am 29.05.1909 in Berlin-Wilmersdorf geboren. Ihr Vater war Bankkaufmann und konnte seiner Tochter den Besuch des Lyzeums ermöglichen. Nach einer umfassenden Ausbildung arbeitete sie von 1928 bis 1934 als Erzieherin, Privat- und Gutssekretärin bei Ewald von Kleist, der als Beteiligter des Aufstandes am 20. Juli 1944 gegen Hitler seine aufrechte Gesinnung mit dem Leben bezahlen musste. Das hat Liselotte Herrmann nachhaltig für ihr ganzes Leben geprägt.
Nach der Pensionierung des Vaters zogen die Eltern 1934 nach Geltow in das damalige Sommerhaus der Malerin Margarete Martus auf dem Franzensberg (jetzt auf dem Berge 13).
Nachdem der Vater ihr schrieb, die Havel sei hier so blau wie die Adria, die Lieselotte Herrmann zuvor auf einer Bildungsreise nach Italien kennen gelernt hatte, zog sie zu ihren Eltern nach Geltow. Im Rückblick auf diese Entscheidung äußerte sie sich dazu in ihren Erinnerungen: „Da ich in der Stadt Berlin aufgewachsen bin, habe ich keine so glücklichen und reichen Jugenderinnerungen…Ich habe schon als Kind darunter gelitten, so wenig in der Natur sein zu können“.
So lernt sie das Land an der Havel kennen und lieben sowie auch den Gastwirtssohn Eduard Herrmann. 1936 heirateten sie und übernahmen die von der Familie Herrmann seit 1826 betriebene Gastwirtschaft an der Baumgartenbrücke. Als Gastwirtin erwartete Liselotte Herrmann viel Arbeit, aber auch das Zusammentreffen vieler Menschen, die im Ort und in der Umgebung lebten und arbeiteten. Was bei der Familie schon Tradition war, setzte sie mit großem Interesse fort: Alles, was Geltow und die nähere Umgebung betraf, wurde gesammelt und aufbewahrt, was aus der Vergangenheit erzählt wurde, schrieb sie auf.
Aus der gemeinsamen Ehe gingen die Kinder Albrecht und Meike hervor.
Während des Krieges und danach hatte sie schwere Jahre zu durchstehen: Der Mann im Krieg und in langer Gefangenschaft, die Kinder noch klein und die Gastwirtschaft. Sie bewältigte alles und half auch noch anderen, hatte immer noch ein Lächeln und ein gutes Wort für ihre Mitmenschen. 1956 wurde die Gaststätte geschlossen.
Lieselotte Herrmann war eine gebildete und vielseitig interessierte Frau. Nun hatte sie die Möglichkeit ihre reichen Lebenserfahrungen, ihr Wissen und ihre unerschöpfliche Tatkraft verstärkt in die Ortsgemeinschaft einzubringen. Nach vorausgegangener Qualifizierung leitete sie von 1961 bis 1972 die Gemeindebibliothek. Ob als Bibliothekarin oder in der Volkssolidarität, immer war sie bestrebt, anderen Menschen zu helfen und sie glücklich zu machen. In diesen Jahren eröffnete sie „nebenbei“ auch die Heimatstube.
Alles, was die Familie Herrmann in Jahrzehnten gesammelt hatte, wurde hier ausgestellt: Bilder von Karl Hagemeister, Theo von Brockhusen, Hans Otte Gehrcke, Maragete Martus und Alfred Tolle sowie Siegwart Sprotte, Darstellungen zur Geschichte Geltows, historische Dokumente, Bücher und auch die wertvollen Fotoglasnegative von Marie Goslich.
Dies alles war nicht wie in einem Museum angeordnet, durch das man schweigend geht, sondern jedes Exponat wurde von Liselotte Herrmann erläutert. Durch ihren lebhaften Vortrag bekam alles erst Farbe und Wirkung. Touristen kamen zu ihr, Teilnehmer wissenschaftlicher Tagungen und natürlich Einheimische und Schulkinder.
Am 20.09.1981 setzte de Tod dem reichhaltigen Leben von Lieselotte Herrmann ein Ende, ein Leben, dass geprägt war vom großen Engagement für die Bewahrung der historischen Leistungen der Menschen unseres Ortes, aber vor allem von der Liebe zu diesen Menschen und zu unserer Heimat.
Heinz Ofcsarik
Tonio Bödiker (1843-1907)
Tonio Bödiker war maßgeblich an der Erarbeitung der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1884 beteiligt, die neben der Kranken- und Rentenversicherung zu einer der drei tragenden Säulen des deutschen Versicherungssystems wurde.
Tonio Bödiker, geboren am 05. Juni 1843 in Meppen, verbrachte seine Kindheit in der Stadt Haselünne, wo sein Vater als Herzoglich-Ahrenbergischer Amtshauptmann tätig war. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Heidelberg, Berlin und Göttingen.
1869 kam T. Bödiker zum ersten Mal nach Geltow, in die so genannte "Assessorenfabrik von Baumgartenbrück" des Dr. August Theodor Förstemann.
Hier oberhalb von Geltow (ehemalige Kindertagesstätte) wurden die Studenten auf den höheren Verwaltungsdienst vorbereitet. Nach dem Assessorexamen war Tonio Bödiker in verschiedenen Regierungsstellen tätig und wurde mit 30 Jahren schon Landrat des Kreises Mönchengladbach. In dieser industriereichen Region wuchs sein schon früher in den ländlichen Gebieten angeregtes Interesse an der sozialen Frage. Seinen Ruf als weit blickender Reformer erwarb sich Tonio Bödiker auf verschiedenen internationalen Kongressen, auf denen er die bahnbrechenden Gedanken der deutschen Arbeiterversicherung mit großem Geschick und Erfolg vertrat. Bödiker war der geistige Vater dieser für den Fortschritt der sozialen Gesetzgebung so bedeutenden Kongresse.
In seiner späteren Funktion als erster Präsident des Reichsversicherungsamtes in Berlin trat er unermüdlich für die Vereinfachung un Weiterentwicklung der sozialen Versicherungssysteme in Deutschland und den europäischen Ländern ein.
Selbst Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck würdigte ihn seinerzeit mit den Worten:"Ich habe zu wenig Holz gehabt, solche Staatsmänner daraus zu schnitzen, wie er einer war.".
Tonio Bödiker erwarb von der Kirchengemeinde Geltow ein Grundstück und baute sich ein Haus am Ufer der Havel, Baumgartenbrück Nr. 6.
Soweit es seine Zeit zuließ, zog er sich mit seiner Familie nach Geltow zurück. In dieser reizvollen Umgebung schöpfte er neue Kraft für seine verantwortungsvolle Tätigkeit.
Tonio Bödiker starb am 04. Februar 1907 und wurde in Berlin beigesetzt.
Heinz Ofcsarik
Quellennachweis: Ulrich Adorf: Tonio Bödiker - ich habe zu wenig Holz gehabt, solche Staatsmänner zu schnitzen, wie er einer war. In: "993 -1993 Geliti - Geltow", 1000 Jahre Geltow, Heimatgeschichtliche Betrachtungen. Hrsg.: Gemeindeamt Geltow